Wir Hintergrundbild ...

Geschichten und Statements aus der wir-Community

Wir machen es, weil wir es können!

Cannstatter INZEL, Gesellschaft für Offene und Mobile Jugendarbeit

Für Jugendliche und junge Erwachsene: BRIGGLE – Cannstatter Generationentreff

Eines der Ziele der Cannstatter INZEL ist es, die Welt für unsere jugendlichen Besucher:innen zu öffnen.
Wir motivieren sie, dafür ihre üblichen Pfade zu verlassen und rauszugehen aus ihrer Komfortzone.
Die unbekannte Welt beginnt oft schon direkt vor ihrer Haustüre. Denn: Wer von ihnen kennt eigentlich seinen Stadtteil und seine Bewohner wirklich?
Gerade weil unseren Jugendlichen oft nachgesagt wird, sie wären selbstbezogen und nicht bereit, sich zu engagieren, wollten wir zeigen, was tatsächlich in ihnen steckt. Unsere Annahme war, dass ihnen nur Gelegenheiten fehlten, sich einzubringen und sie vielleicht auch nicht das nötige Selbstbewusstsein besaßen, um sich unbekannten – möglicherweise auch peinlichen und unangenehmen – Situationen zu stellen.
Also haben wir für sie Brücken geschlagen zu Menschen, die direkt in der Nachbarschaft unserer Einrichtung und dennoch in einer komplett anderen Welt lebten: zu den Senior:innen des Pflegeheims des Evangelischen Vereins – Verein für diakonische Arbeit e.V.

Im Jahr 2017 wurde aus den verschiedenen Einzelangeboten ein richtig erfolgreiches Projekt, der „BRIGGLE – Cannstatter Generationentreff“. Nachdem die Senior:innen zunächst zwei Jahre hintereinander als Publikum von zwölfstündigen (!) Benefiz-Fußballspielen am Rand gesessen und vom eingespielten Betrag profitiert hatten, wurden sie mit dem BRIGGLE-Treff selbst zu Akteuren und standen direkt im Mittelpunkt des Geschehens. Kleinere Aktivitäten wie gemeinsame Bingo-Nachmittage oder Ausflüge zum Niklasmarkt wurden schnell abgelöst von größeren Unternehmungen.

Große Freude auf beiden Seiten

Unsere Jugendlichen sind gemeinsam mit den Senior:innen in die Wilhelma gegangen, sie haben zusammen die Kürbis-Ausstellung und die Landesgartenschau in Ludwigsburg besucht. Diese Ausflüge waren besondere Highlights für Senior:innen, die wegen eines Rollstuhls oder anderer Einschränkungen auf zusätzliche Begleitung und Hilfe angewiesen sind und selten an Gruppenausflügen teilnehmen können.

Die Freude war jedes Mal auf beiden Seiten groß: Die Senior:innen genossen die besonderen Tage und unsere Jugendlichen das Gefühl, gebraucht zu werden. Dabei wuchsen einige von ihnen über sich selbst hinaus und stellten fest: Wir können es ja doch – zum Beispiel kommunikativ oder verantwortungsbewusst sein. So, wie einer unserer sehr stillen und zurückhaltenden Besucher. Dieser Jugendliche kam auf dem gemeinsamen Besuch des Niklasmarkt plötzlich ausführlich ins Reden: Er beschrieb einer alten Dame die Stände ganz detailliert und umfassend – denn die Seniorin hatte ihm zuvor anvertraut, dass sie kaum noch etwas sehen könne. Und ein bisher eher unzuverlässiges, unpünktliches Mädchen übernahm mit kaum vorstellbarer Ausdauer Verantwortung für gerade jene Personen, die scheinbar am meisten auf Hilfe angewiesen waren. Wer mit minimaler Verspätung zu den Treffen erschien, wurde von ihr – nun stets auf die Minute pünktlich – gerügt: „Man kann doch Senior:innen nicht warten lassen!“

Offene Arbeit meets Seniorenheim – geht das?

Unsere Planungen waren zwar nicht immer einfach: Mal hatten Senior:innen einen gebrechlichen Tag, mal schlossen sich Jugendliche erst spontan dem jeweiligen Vorhaben an. Aber: Zwei Jahre lang beteiligten sich rund 25 Jugendliche zwischen 14 und 21 Jahren so zuverlässig an den Angeboten, dass wir niemals eines ausfallen lassen mussten. Die Atmosphäre im BRIGGLE-Generationentreff war gekennzeichnet von einem liebevollen, unkomplizierten Miteinander. Beide Gruppen nahmen Rücksicht aufeinander! Die Senior:innen tolerierten es, wenn die Jugendlichen zwischendrin auch mal herumsprangen, diese wiederum brachten viel Verständnis dafür auf, dass manches eben ein bisschen länger dauerte. Am Ende der Treffs nahmen alle Beteiligten etwas Besonderes mit nach Hause. Bei unseren Jugendlichen war dies mindestens die Erfahrung: Wir machen es, weil wir es können!

BRIGGLE-Cannstatter Generationentreff

Konzept: Zwei Generationen unternehmen etwas gemeinsam. Alle zwei Monate treffen sie sich zum Spielen oder zu Ausflügen. Neben dem Abbau von Vorurteilen und dem Aufbau von Wertschätzung steht das gemeinsame Entdecken der nahe gelegenen aber auch der weiteren Umgebung im Fokus. Da diese Angebote in der Regel während der Ferien oder am Wochenende stattfinden, bietet eine Kollegin an der Altenburgschule im Schuljahr 2018/2019 einen Handy-Tablett-Workshop in der Begegnungsstätte für Senioren an und nimmt mit dieser AG an verschiedenen Tanzveranstaltungen teil.

Partner: Evangelischen Verein – Verein für diakonische Arbeit e.V.

Kontakt: marie.dejeux@jugendhaus.net

Statements

Sharmin, 18 Jahre, war von Anfang an dabei und arbeitet, nach einem Freiwilligen Sozialen Jahr seit September 2019 als Altenpflegerin in einem Seniorenheim: „Es tut schon gut, Gutes zu tun“

Teejay, 21 Jahre: „Ich weiß nicht ob anderen auch so was machen, aber wir sind cool!“

Carmen Jud, Evangelischer Verein - Verein für diakonische Arbeit e.V.

„Ich bin völlig überrascht, welche positiven Spuren das Projekt bei uns allen hinterlassen hat. Zunächst hatte es einfach nur den großen Vorteil, dass die Senior:innen Orte besuchen konnten, zu denen sie nie alleine oder nur mit Hilfe von Hauptamtlichen Mitarbeiter:innen gekommen wären. Da hatte plötzlich jemand viel Zeit und Kraft, einen Rollstuhl einen ganzen Tag durch die Wilhema, das blühende Barock in Ludwigsburg oder die Bundesgartenschau in Heilbronn zu schieben! Wo doch Zeit von anderen Menschen für die Senior:innen ein so kostbares Geschenk ist. Doch neben dieser ganz praktischen Unterstützung, neben der Zeit und der Muskelkraft, entstand dann sehr schnell eine persönliche Ebene zwischen den einzelnen Jugendlichen und den Senior:innen. Es fand ein Austausch statt. Zuhören, Erzählen, miteinander Lachen in Interaktion treten, da war keine Hemmschwelle mehr, keine Vorurteile mehr über „die heutige Jugend“ oder „die Alten“, da wurde mitgedacht, mitgefühlt und sich mit gefreut.“